Besuch im Gefängnis

Die AfD-Sachsen hat den wegen Terrorismus und Mordversuch angeklagten Kurt Hättasch ausgeschlossen. Matthias Helferich hat ihn nun im Gefängnis besucht. Die Partei sollte beides stehen lassen. Ein Kommentar von Johannes Konstantin Poensgen

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(Mathias Helferich)

Wie geht eine Partei damit um, dass eines ihrer Mitglieder auf einmal Terrorist sein soll? Die sächsische AfD hat sich im Falle Kurt Hättasch für den Parteiausschluss entschieden. Bevor ein Urteil gesprochen wurde. Man mag das Feigheit nennen, aber es ist eine der ekligsten Situationen, in die eine Parteiführung kommen kann.

Parteiraison oder Menschlichkeit?

Die Parteiraison gebietet, eine solche Steilvorlage für ein Verbotsverfahren auszusondern. Dem steht nicht nur das rechtsstaatliche Gebot gegenüber, auf den Abschluss des Verfahrens zu warten, sondern auch die menschliche und kameradschaftliche Solidarität gegenüber jemandem, der in die anarchotyrannischen Fänge des heutigen Deutschlands geraten ist.

Vermummte im Morgengrauen

Den Fall Hättasch hat Mathias Brodkorb gut für die Berliner Zeitung dargestellt. Die Kurzfassung: Am 5. November 2024 wurde Kurt Hättasch davon geweckt, dass vermummte Gestalten auf seinem Grundstück waren, die „Polizei, Polizei“ rufen. Er hält sie für Antifa; die Fälle, in denen Linksextremisten der Hammerbande sich als Polizisten ausgaben, um Überfälle auf Wohnungen zu verüben, sind noch nicht so lange her. Hättasch tritt mit einem Gewehr vor die Tür, und ein Polizist schießt ihm durch den Hals. Die Staatsanwaltschaft macht daraus einen Mordversuch aus niederen Motiven. Hättasch soll Mitglied einer Gruppe namens „Sächsische Separatisten“ gewesen sein. Der Gruppe wird vorgeworfen, recht aberwitzige Pläne für die Zeit nach dem Zusammenbruch der BRD geschmiedet zu haben. Beschlagnahmt wurden bei Mitgliedern der Gruppe die für Wehrsportkreise üblichen Softairwaffen und Attrappen sowie Hitlermemes in Chatgruppen. Softairs und Memes – das ist das Material, aus dem in der Bundesrepublik Terrorvorwürfe gemacht sind. Es ist immer dasselbe, die Indizien für den eigentlichen Tatvorwurf sind bestenfalls mau. Deshalb werden sie mit Spekulationen über die Gesinnung der Angeklagten zu einem wirren Beweismittelgebräu vermengt. Ich selbst war kürzlich der Volksverhetzung angeklagt und die Staatsanwältin führte ernsthaft auf, einer meiner Mitangeklagten hätte vor zwei Jahren ausgesehen wie Heinrich Himmler.

Beides stehen lassen

Hättasch war Kommunalpolitiker der AfD. Wie geht eine Partei damit um? Es stehen hier nun einmal die Parteiraison der menschlichen Pflicht gegenüber. Ich glaube ehrlich, dass das, was nun passiert ist, die beste aller schlechten Lösungen ist. Der Landesverband kann es sich nicht leisten, dass ein aktives Mitglied als Terrorist verurteilt wird. Es ist nun einmal so, dass dem Durchschnittswähler schwer zu erklären ist, welch hanebüchene Vorwürfe die bundesrepublikanische Justiz zulässt, wenn es „gegen Rechts“ geht. Er will es oft einfach nicht glauben. Ja, das ist absolut ekelhaft und zum Kotzen. Ich weiß das. Denn natürlich haben wir die Pflicht, Recht auch für jemanden einzufordern, dessen Chatverläufe man dümmlich finden mag. Hitlermemes und Airsoftwaffen sind nun einmal kein Terrorismus! Dass der Solidaritätsbesuch, um auf dieses Unrecht aufmerksam zu machen, dann von einem Bundestagsabgeordneten aus einem anderen Landesverband erfolgt, ist das Richtige. Die Partei sollte in der Lage sein, beides stehen zu lassen. Denn es geht hier nicht um das Ex-AfD-Mitglied Hättasch, sondern um den Angeklagten Hättasch in einem der absurden Verfahren der heutigen deutschen Justiz.


PS: Was einem spät Abends noch einfällt. Ich halte den Parteiausschluss von Kurt Hättasch aufgrund der Anklage tatsächlich für besser, als wenn man auf das Urteil gewartet hätte. Das erscheint erst einmal merkwürdig. Aber die Alternative bestünde darin, ihn nach einem Schuldspruch auszuschließen, von dem realistischerweise bei dieser Justiz auszugehen ist. In diesem Falle wäre der Ausschluss eine inhaltliche Bestätigung des Urteils von Seiten der AfD.