Der deutsche Liberalismus verendet in einer Provinzposse

In Passau wurde der AfD-Kreisrat Johann Meier von der eigenen Partei nicht mehr aufgestellt. Nun will er für die FDP antreten. Die stellt lieber gar niemanden auf. Eine Klatsche von Johannes Konstantin Poensgen

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(Bildmontage: Offensiv Informiert!; Passau: C.Stadler/Bwag, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons; Klatsche: Midjourney)

Manchmal nehmen parteiinterne Streitigkeiten Züge an, die nur noch kurios sind. Wie die Passauer Neue Presse berichtet, will der Passauer Kreisrat Johann Meier bei der nächsten Landratswahl auf der FDP-Liste antreten. Auch noch als Spitzenkandidat. Denn seine eigene Partei, die AfD, hat ihn nicht mehr aufgestellt.

Wie kommt man aber dazu, zu glauben, eine andere Partei werde einen aufstellen? Nun, die FDP hat überhaupt keinen Kandidaten mehr aufzustellen. Ernst genommen werden will sie trotzdem, zumindest ihr jugendlicher Kreisvorsitzender Jan Ernst. (Ja, der heißt auch noch so.)

Die metasatirische Ebene der Realsatire

Dieser ließ über die Passauer Neue Presse der AfD ausrichten, „uns nicht weiter mit solchen absurden Anfragen zu belästigen, da wir finden, Realsatire sollte den entsprechenden Formaten überlassen werden und nicht im Kreistag stattfinden, wo die FDP mit tatsächlichen Ideen und kompetenten Kandidaten die Politik näher an den Menschen bringen will“.

So sehr wir diese Bitte auch nachvollziehen können, so müssen wir dennoch feststellen, dass Herr Ernst mit dem letzten Satz die metasatirische Ebene der Realsatire betreten hat – sozusagen eine Realsatire zweiter Ordnung. Solche Stilmittel, wie auch das Durchbrechen der vierten Wand und Ähnliches, waren in den 2010ern eine Zeit lang populär, und dafür wirkt uns Herr Ernst eigentlich noch zu jung.

Ein einfacher Mann mit einfachen Wünschen

Falls Ihnen das zu kompliziert erscheint: Herr Meier, bald nicht mehr Kreisrat der AfD in Passau, kann dies offenbar auch nicht nachvollziehen. Er ist ein einfacher Mann mit einfachen Wünschen. Gegenüber der Passauer Neuen Presse fasste er seine Motivation wie folgt zusammen: „Mir geht es darum, noch mal als Landratskandidat anzutreten und auf dem Plakat über Raimund Kneidinger an der Straßenlaterne zu hängen.“

Ich bin gerade erst vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden und verkneife mir deshalb einen sehr naheliegenden Kommentar.

Über die Planke vom sinkenden Schiff!

Eine FDP ohne Kandidat. Ein abgesägter AfD-Kandidat, der – entgegen dem bekannten Sprichwort – mit sicherem Instinkt das sinkende Schiff besteigt, nur um von den absaufenden Leichtmatrosen gleich wieder über die Planke geschickt zu werden. Der deutsche Liberalismus verendet in einer Provinzposse.