Nachdem vergangene Woche bereits die dritte französische Regierung innerhalb von anderthalb Jahren gescheitert ist, soll nun ein neues, junges Gesicht Frankreich regieren. Ob dies gelingt, ist fraglich.

Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im Juli 2024 ist die französische Nationalversammlung in drei Lager gespalten. Neben Macrons zentristischer Partei Ensemble! konnten vor allem der linke Block und das rechtspopulistische Rassemblement National deutlich an Stimmen gewinnen, wodurch lediglich das Zustandekommen von Minderheitsregierungen realistisch ist. Dieser instabilen Situation vielen bereits zwei Premierminister zum Opfer: Im Dezember 2024 scheiterte der 74-jährige Michel Barnier an einem Misstrauensvotum, nachdem er versuchte mit einem neuen Haushaltsplan die Staatsverschuldung unter Kontrolle zu bringen. Vergangene Woche scheiterte dann der 74-jährige François Bayrou an der gleichen Aufgabe, woraufhin ihm ebenfalls, das Vertrauen des Parlaments entzogen wurde.
Mit 39 ins Machtzentrum
Nach den beiden über 70-jährigen Vorgängern soll nun der 39-jährige Sébastien Lecornu die politische Lage stabilisieren. Schon als Jugendlicher von Politik begeistert, trat er früh in die Politik ein und engagierte sich bei der Schwesterpartei der CDU, Les Républicains. Nach dem Abbruch seines Studiums des Öffentlichen Rechts wurde er Berater des damaligen Staatssekretärs Bruno Le Maire und rückte dank seiner Kontakte schnell in den Parteivorstand auf. Mit dem Aufstieg Emmanuel Macrons und seiner Partei, sah er seine Chance gekommen, was ihn zu einem Wechsel der politischen Lager veranlasste. In seiner neuen Partei avancierte er mit Macrons Unterstützung zunächst zum Minister für die Überseegebiete und in der folgenden Legislaturperiode zum Verteidigungsminister.
Lecornu zwischen allen Lagern
Neben seinem jungen Alter bringt Lecornu dabei einige Eigenschaften mit, die Macron nützlich sein dürften: Er gilt als kompromissfähig und soll zwischen den politischen Lagern vermitteln können. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern hat er außerdem keine langjährige Karriere in den Institutionen der bei vielen Franzosen unbeliebten Europäischen Union vorzuweisen. Zudem sucht er den Austausch auch mit den politischen Rändern und zeigte selbst gegenüber dem Rassemblement National keine Berührungsängste – etwa bei einem gemeinsamen Abendessen mit Marine Le Pen. Auch mit der politischen Linken und insbesondere den starken Gewerkschaften sind bereits intensive Gespräche geplant.
Frankreichs Dauerkrise
Frankreichs Politikexperten sind sich einig: Wenn jemand die gespaltene Nationalversammlung zusammenhalten kann, dann Lecornu. Doch ob eine Konsolidierung von Macrons Frankreich überhaupt noch möglich ist, bleibt fraglich. Neben der massiven Überfremdung mit all ihren bekannten Folgeproblemen belastet die zunehmende Staatsverschuldung das Land. Bisher konnte keine Lösung gefunden werden, die im Parlament eine Mehrheit gefunden hätte. Ob Lecornu dieses Problem angehen kann oder ob er wie seine Vorgänger nach wenigen Monaten scheitert, ist offen. Dass kurz nach seinem Amtsantritt die Kreditwürdigkeit Frankreichs herabgestuft wurde, scheint jedenfalls kein gutes Zeichen zu sein.