Kritik an Corona-Maßnahmen, alternative Spiritualität oder klassische Geschlechterbilder – alles wird unter Extremismusverdacht gestellt. Der aktuelle Sektenbericht zeigt: Der Staat verliert das Maß und wird zum ideologischen Wächter.

(Bildmontage: Offensiv!: Coronaprotest 2021: CRau080, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons; Bundesstelle für Sektenfragen: Tätigkeitsbericht 2024)
Die Corona-Proteste sind Geschichte – aber ihr Echo hallt nach. Und zwar vor Gericht, in Ministerien und bei der Bundesstelle für Sektenfragen. In deren aktuellem Tätigkeitsbericht gerät eine ganze Bewegung ins Visier – nicht etwa wegen Gewalt, sondern wegen ihrer Haltung. Wer gegen Lockdowns protestierte, Impfpflicht kritisierte oder sich in alternativen Medien äußerte, gilt plötzlich als Teil eines Netzwerks mit „demokratiefeindlichem Potenzial“.
Das Problem: Was als Extremismusbekämpfung verkauft wird, ist in Wahrheit eine politische Bewertung. Telegram-Gruppen, Kanäle wie AUF1 und Coaching-Angebote werden pauschal in die Nähe von „Verschwörungstheorien“ und „Desinformation“ gerückt. Nicht, weil der Inhalt gefährlich wäre – sondern weil er abweicht.
Der Bericht beklagt sogar, dass diese Kanäle „noch immer Reichweite“ haben. Offenbar ist der Wunsch nach Deutungshoheit längst größer als der Respekt vor der Meinungsfreiheit.
Junge Männer als neue Verdachtsgruppe
Wer den Bericht weiterliest, merkt schnell: Die nächste Zielscheibe steht schon bereit. Die Bundesstelle widmet sich ausführlich der sogenannten „Redpill“-Szene – ein loser Zusammenschluss aus Männern, die sich mit Männlichkeit, Rollenbildern und Beziehungsfragen beschäftigen. Statt differenziert zu analysieren, wird ein klarer Feind markiert.
Andrew Tate, Markus Streinz – Namen, die für Millionen junge Männer im Netz stehen. Männer, die sich fragen, was aus traditionellen Werten geworden ist. Doch wer nicht dem feministischen Leitbild folgt, gilt laut Bericht als anfällig für Radikalisierung.
Das ist kein Zufall, sondern Methode. Kritik an Genderpolitik oder moderne Formen männlicher Selbstverortung werden nicht diskutiert – sie werden etikettiert. Die Botschaft: Wer sich nicht umerziehen lässt, wird ausgegrenzt.
Spirituelle Vielfalt? Nur wenn sie ins Bild passt
Selbst alternative Spiritualität bleibt nicht verschont. Der Bericht nimmt sich des Themas Neopaganismus an – also moderner heidnischer Bewegungen, die an vorchristliche oder naturreligiöse Traditionen anknüpfen. Doch statt Vielfalt zuzulassen, wittert die Bundesstelle Gefahr.
Die bloße Erwähnung „germanischer Geburtsvorbereitung“ oder „wedrussischer Nähkurse“ reicht offenbar aus, um Assoziationen mit „völkischem Gedankengut“ zu wecken. Websites wie neopaganismus.net werden problematisiert – nicht wegen ihrer Inhalte, sondern wegen ihrer kulturellen Bezüge.
Was für viele eine Suche nach Identität oder Rückbindung ist, wird als Einstieg in rechtsextreme Szenen gedeutet. Wer so denkt, betreibt keine Gefahrenanalyse – sondern arbeitet an der politischen Marginalisierung alles Nichtlinken.
Analyse oder Anpassungsdruck?
Die Bundesstelle präsentiert sich als neutral, sachlich, unvoreingenommen. Doch der Bericht zeichnet ein anderes Bild: Es sind nicht radikale Sektenführer, die im Fokus stehen – sondern regierungskritische Bürger, traditionsbewusste Männer und spirituelle Außenseiter.
Was als Schutz gedacht ist, wird zur stillen Normierung. Was als Analyse auftritt, wird zur Bewertung. Und was als Prävention beginnt, endet in Kontrolle.
Denn wenn der Staat beginnt, Meinungen zu beobachten, die nicht gefährlich sind, sondern bloß abweichen, dann verlieren wir etwas Entscheidendes: die Freiheit, anders zu denken.
