Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verweigert Marine Le Pen vorläufigen Rechtsschutz gegen ihren Ausschluss von Frankreichs nächster Präsidentschaftswahl. Ermittlungen gegen den RN wecken Aufmerksamkeit, bleiben aber unbewertet.

(Marine Le Pen: Vox España, CC0, via Wikimedia Commons)
Marine Le Pen ist mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gescheitert. Die RN-Politikerin hatte die Maßnahme beantragt, um ihren drohenden Ausschluss von kommenden Wahlen zunächst auszusetzen, bis das Hauptverfahren entschieden ist.
Der Gerichtshof lehnte dies ab. Es liege kein „nicht wiedergutzumachender Schaden“ vor, der eine vorläufige Maßnahme rechtfertige. Damit ist der Ausschluss Le Pens zwar nicht endgültig bestätigt, bleibt aber zunächst in Kraft. Die politische Dimension dieser Entscheidung dürfte kaum verborgen bleiben, immerhin steht die Betroffene an der Spitze einer großen Oppositionspartei.
Durchsuchung in der Parteizentrale
Nur kurz davor geriet auch der Rassemblement National als solcher in die Schlagzeilen: Gestern, am 9. Juli durchsuchte die französische Finanzpolizei die Zentrale der Partei in Paris sowie weitere Büros und Privatwohnungen. Medienberichten zufolge steht die Finanzierung früherer Wahlkämpfe im Fokus der Ermittlungen.
Die Maßnahme erfolgte im Rahmen eines laufenden Verfahrens. Im Zentrum steht der Vorwurf, dass es Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Kampagnenkosten und der Vergabe privater Kredite gegeben haben könnte. Noch sind keine Ergebnisse bekannt, und es gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
Finanzierungsmodell unter Beobachtung
Hintergrund der Ermittlungen sind Kredite, die dem RN – wie auch anderen politischen Bewegungen in Frankreich – von Unterstützern gewährt wurden. Diese sogenannten Unterstützerdarlehen unterliegen strengen Regeln. Die zuständige Wahlkommission hatte in der Vergangenheit bereits formale Mängel bemängelt, etwa bei Rückzahlungen oder Dokumentationspflichten.
Ob die aktuell untersuchten Vorgänge tatsächlich juristisch relevant sind, bleibt abzuwarten. Die Finanzierung über private Mittel ist in Frankreich nicht unüblich, gerade für Parteien, die bei klassischen Banken auf Zurückhaltung stoßen. Umso mehr steht die rechtliche Ausgestaltung solcher Konstruktionen nun im Fokus.
Politische Stoßrichtung nicht auszublenden
Auch wenn die Ermittlungen bislang auf den Finanzbereich beschränkt bleiben, wirft das zeitliche Zusammenspiel mit dem EGMR-Urteil Fragen auf. Die zunehmende rechtliche Auseinandersetzung mit führenden Köpfen und Strukturen des RN dürfte kaum als rein technischer Vorgang wahrgenommen werden – schon gar nicht von den Wählern.
Dabei bleibt festzuhalten: Es handelt sich weder um ein Urteil noch um eine Verurteilung. Vielmehr laufen derzeit Prüfverfahren, deren Ausgang offen ist. Dass diese gerade jetzt, nach den jüngsten Wahlerfolgen, in den Fokus rücken, ist zumindest bemerkenswert.
Einseitigkeit europäischer Instanzen
Dass der EGMR Le Pen keine vorläufige Aussetzung ihrer Sanktion gewährt, ist formal nachvollziehbar. Trotzdem bleibt die Frage, wie gleichmäßig Maßstäbe bei europäischen Entscheidungen angesetzt werden. In anderen Konstellationen greift der Gerichtshof deutlich schneller ein, etwa bei Migrationsfragen oder Aufenthaltsregelungen.
Im Fall Le Pen aber bleibt die politische Handlungsfähigkeit einer Oppositionsführerin beschränkt, ohne dass dies als problematisch eingestuft wird. Auch das ist ein Signal. Und eines, das viele im rechten Lager sehr genau wahrnehmen dürften.