Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will Palästina als Staat anerkennen. Der Gegenwind aus den Vereinigten Staaten ist scharf. Was eine solche Anerkennung bewirken würde, ist allerdings weniger klar.

(Bildmontage: Offensiv!; Emmanuel Macron: Simon Dawson, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons; Trennwall im Westjordanland: Ilya Varlamov, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
„Getreu seinem historischen Engagement für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten habe ich entschieden, dass Frankreich den Staat Palästina anerkennen wird. Ich werde im kommenden September bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine feierliche Erklärung abgeben.“
Mit dieser Mitteilung hat Präsident Macron massiven Widerspruch von den Vereinigten Staaten geerntet.
US-Außenminister Marco Rubio erwiderte: „Diese verantwortungslose Entscheidung dient lediglich der Propaganda der Hamas und stellt einen Rückschlag für den Frieden dar. Sie ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer des 7. Oktober.“
Bruchlinie in der westlichen Wertegemeinschaft
Mit dem Vorstoß Frankreichs zur Anerkennung des Staates Palästina als Vollmitglied der Vereinten Nationen werden die Bruchlinien innerhalb der westlichen Wertegemeinschaft deutlich, die unter der Oberfläche seit Beginn des Gazakriegs geschwelt haben. Während sich eine ganze Reihe europäischer Staaten, allen voran Frankreich und Spanien, immer weiter von der Regierung Netanjahus abgewandt haben, stehen die Vereinigten Staaten weiterhin eisern hinter ihrem „größten Verbündeten“.
Mit dem Regierungswechsel von Biden zu Trump hat sich diese Haltung noch verfestigt. Alle Anzeichen auf ein Zerbrechen der Beziehung zwischen Trump und Netanjahu, von denen es Anfang des Jahres einige gab, haben sich spätestens mit dem israelisch-iranischen Krieg in Luft aufgelöst.
Macron will die Autonomiebehörde im Westjordanland anerkennen, nicht die Hamas
Gleichzeitig muss man genau hinsehen, was Macron eigentlich vorhat und welche Konsequenzen das hätte. Macron will die palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland als palästinensischen Staat anerkennen. Diese hat jedoch in Gaza seit 20 Jahren keine Macht. Die akuten Kriegsparteien in Gaza sind Israel und die Hamas. Die Hamas will Macron jedoch nicht anerkennen. Tatsächlich dürfte die Hoffnung bestehen, der Hamas durch die Aufwertung ihrer innerpalästinensischen Rivalen die Legitimität zu entziehen.
Welche Konsequenzen das für den Krieg in Gaza haben soll, ist allerdings nicht ganz klar. Sollte Palästina tatsächlich anerkannt werden – was aufgrund des amerikanischen Vetos unwahrscheinlich ist –, könnte Israel argumentieren, dass der Gazastreifen zwar völkerrechtlich zu Palästina gehöre, der dann anerkannte palästinensische Staat aber keine Kontrolle darüber habe und Israel von diesem Territorium aus von Terrororganisationen angegriffen werde.
Was soll mit den Siedlern im Westjordanland werden?
Die interessante Frage im Falle eines anerkannten Palästinenserstaats wäre die nach dem Status der jüdischen Siedler, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte im besetzten Westjordanland Palästinenser vertrieben und auf deren Land eigene Siedlungen errichtet haben. Stand 2023 waren es etwa 430.000 im Westjordanland und dazu noch 230.000 im den Palästinensern völkerrechtlich zustehenden Ostteil von Jerusalem. Diese Siedler haben mit Billigung mehrerer aufeinander folgender israelischer Regierungen Fakten geschaffen. Ihr Schutz ist die Begründung für die Besetzung des Westjordanlands durch israelische Streitkräfte. Ein Palästinenserstaat im Westjordanland hätte auch diese Siedler unter seiner Autorität und stünde dann vor der Frage, ob er die Ansprüche der jetzigen jüdischen Landbesitzer verteidigt oder die der zuvor vertriebenen Palästinenser. Letzteres würde auf eine Rückführung der Siedler nach Israel hinauslaufen. Es ist kaum denkbar, dass Israel dies friedlich hinnehmen würde.
