Eine neue Umfrage sieht die AfD in Mecklenburg-Vorpommern mit 38 Prozent klar auf Platz eins. 19 Prozentpunkte vor der Zweitplatzierten SPD. Die Brandmauer wird immer abstruser.

Eine aktuelle Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des NDR katapultiert die AfD in Mecklenburg-Vorpommern auf 38 Prozent – weit vor SPD (19 %), CDU (13 %) und Linke (12 %). Was bedeutet es, wenn in einem Bundesland die Partei mit rechtskonservativer Ausrichtung die eindeutig die meisten Stimmen erhält? Die sogenannte Brandmauer gegen rechts, das ungeschriebene Prinzip, dass rechts der CDU nichts Wählbares sein dürfe, gerät weiter unter Druck.
Die Brandmauer war immer schon brüchig –
Seit den 90er-Jahren gilt in etablierten Medien und in weiten Teilen der Politik eine Regel: Rechts der CDU hört demokratische Legitimität auf. Dieses Dogma diente lange als Schutzwall gegen das Eindringen eines politisch rechten Denkens. Doch die jüngsten Umfragewerte zeigen: Die Brandmauer wirkt entgegen ihrem Anspruch nur noch als Trugbild. Sie schützt nicht, sie isoliert die demokratischen Zentren zunehmend von den politischen Realitäten.
Der Erfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern ist kein lokales Kuriosum, sondern ein Signal. Er belegt: Bevölkerungsschichten, die sich übergangen, unsichtbar oder marginalisiert fühlten, wenden sich zunehmend einer Opposition zu, die verlässliche Sprache für Identität, Heimat und Selbstbehauptung spricht. Die Altparteien haben sich in verschulten Narrativen verheddert und übersehen, dass der kulturelle und ökonomische Boden unter ihnen dröhnt.
Mecklenburg-Vorpommern als Labor für ganz Deutschland?
Wenn die AfD schon in Mecklenburg-Vorpommern mit lautem Vorlauf die Spitze übernimmt, ist das mehr als eine Landtagsumfrage: Es ist ein Testlauf. Ein Jahr vor der Landtagswahl 2026 steht in einem Bundesland eine Wende bevor. Von früherer SPD- Dominanz hin zur blauen Einfärbung. Sollte dieser Trend sich bestätigen, wird aus Sicht des Establishments nicht nur eine Landesregierung fallen. Mecklenburg-Vorpommern könnte der Start einer großflächigen Transformation der Polit-Landschaft sein.
Deutschland im Würgegriff des Dogmas?
Der politische Betrieb hat über Jahre eine Selbstgewissheit kultiviert: Wer rechts von der CDU steht, bleibt politisch isoliert. Diese Haltung wurde zur Grundlehre – aber eine Grundlehre, die auf Angst, Tabu und Sanktion gebaut ist. Die 38-Prozent-Umfrage in MV zeigt: Dieses Dogma ist am Ende. Wer von Anfang an den Politikbetrieb dominiert, wer öffentliche Räume besetzt und mediale Aufmerksamkeit erhält, verliert langfristig die Nähe zur Bevölkerung.
Was die 38 Prozent bedeuten
Deutschland befindet sich an einem kritischen Scheideweg. Die einmalige Situation, dass in einem Land wie Mecklenburg-Vorpommern die AfD mit weitem Abstand Spitzenwert erreicht, markiert vermutlich einen historischen Bruch – nicht nur für MV, sondern für die Republik. Niemand kann heute sagen, wie stark die Wellen über MV hinausschlagen werden. Aber eines ist klar: Das Dogma „Rechts der CDU darf nichts sein“ hat seinen Anspruch verloren. Die Brandmauer droht zusammenzubrechen – und
mit ihr eine ganze Konstruktion politischer Selbstsicherheit. Wenn der Bruch gelingt, beginnt eine neue Epoche der politischen Auseinandersetzung – ob man will oder nicht.