Milliardenerlöse aus Drittmitteln: Unis feiern, Steuerzahler zahlt. Österreichs Universitäten melden Rekordeinnahmen.

(Bild: Midjourney)
Über eine Milliarde Euro holten sie sich im vergangenen Jahr aus Drittmitteln – ein Plus von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg aussieht, wirft bei näherem Hinsehen ernste Fragen auf. Denn während die Hochschulen die Millionenströme feiern, bleibt offen, wer tatsächlich die Zeche zahlt und inwieweit die Freiheit von Forschung und Lehre gefährdet wird.
Drittmittel sind Gelder, die Universitäten neben den staatlichen Grundfinanzierungen von Unternehmen, Stiftungen oder durch projektbezogene Forschung einwerben. Laut Wissenschaftsministerium sind diese Erlöse auf 1,05 Milliarden Euro gestiegen, die Zahl der drittmittelfinanzierten Vollzeitäquivalente an wissenschaftlichem Personal stieg auf 11.200 – das entspricht einem Drittel des wissenschaftlichen Personals in Österreich. Der Großteil der Gelder stammt aus öffentlichen Quellen wie der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Wissenschaftsfonds (FWF), gefolgt von EU-Mitteln und Geldern der Privatwirtschaft.
Freiheit der Forschung in Gefahr
Die beeindruckenden Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Abhängigkeit von Drittmitteln eine gefährliche Schieflage erzeugt. Hochschulen stehen zunehmend unter Druck, Forschungsergebnisse abzuliefern, die zu den Erwartungen der Geldgeber passen. Forschung wird projektbasiert in kurzfristige Fördertöpfe gepresst, statt langfristige Grundlagenforschung zu ermöglichen, die unserer Gesellschaft langfristig nutzt.
Wenn private Geldgeber immer größeren Einfluss auf Forschungsprojekte gewinnen, droht die Ausrichtung von Wissenschaft nach marktwirtschaftlichen Interessen, während kritische und gesellschaftlich relevante Forschung unterbleibt. Die eigentliche Aufgabe der Universitäten, als unabhängige Orte der Wissensvermehrung und als Hüter des geistigen Erbes einer Nation zu wirken, wird so gefährdet.
Der Steuerzahler zahlt doppelt
Viele Drittmittel stammen indirekt wieder vom Steuerzahler, etwa über die FFG oder EU-Programme. Es wird suggeriert, dass die Universitäten sich diese Mittel „erwirtschaften“, doch in Wahrheit wird das Geld aus anderen Steuertöpfen verteilt, während die Hochschulen zusätzliche Verwaltungsstrukturen und Antragsapparate aufbauen müssen, um an diese Gelder zu kommen.
Das Ergebnis: Anstatt die Grundfinanzierung der Universitäten solide und verlässlich zu gestalten, werden diese in einen Wettbewerb um Projektmittel getrieben, wodurch sie Ressourcen in Antragsverfahren und Berichtspflichten investieren müssen, die letztlich dem Bildungs- und Forschungsauftrag entzogen werden.
Fehlende Prioritäten der Bildungspolitik
Die Regierung verkauft die steigenden Drittmittel als Beweis für die Leistungsfähigkeit der Hochschulen. In Wirklichkeit ist sie ein Ausweis für die bildungspolitische Mutlosigkeit, die Universitäten nachhaltig auszustatten und ihre Autonomie zu sichern. Statt Drittmittelwettbewerbe zu forcieren, sollte die Republik Österreich dafür sorgen, dass Hochschulen so finanziert werden, dass sie Forschung betreiben können, die dem Gemeinwohl dient, anstatt kurzfristigen Trends oder unternehmerischen Interessen zu folgen.
Nachhaltige Finanzierung statt Drittmitteljagd
Österreich braucht Universitäten, die unabhängig forschen, frei von Drittmittelabhängigkeit und Lobbyinteressen. Eine nachhaltige und ausreichende Grundfinanzierung ist der einzige Weg, Forschung im Dienst der Gesellschaft und nach wissenschaftlichen Kriterien zu sichern. Die Jagd nach Drittmitteln ist kein Erfolg, sondern ein Alarmsignal, dass wir den Wert von Wissenschaft als öffentliches Gut nicht länger dem Markt überlassen dürfen.
