Frauke Brosius-Gersdorf hat ihre Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht zurückgezogen. Ein Erfolg der alternativen Presse – und gleichzeitig das bestmögliche Ergebnis für Union und SPD.
Ein Kommentar von Johannes Konstantin Poensgen

(Bundesverfassungsgericht: Rainer Lück 1RL.de, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons)
Frauke Brosius-Gersdorf tritt von ihrer Kandidatur für das Richteramt am Bundesverfassungsgericht zurück. Ob die Geschichte damit für sie ein Ende haben wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Denn gegen sie steht nicht weniger im Raum, als dass ihre Doktorarbeit, immerhin die Grundlage ihrer gesamten Karriere, über weite Strecken von ihrem Mann, Hubertus Gersdorf, geschrieben wurde. Eine amüsante Wendung im Fall der ersten Frau, die für die Präsidentschaft des Bundesverfassungsgerichts vorgesehen war.
Die alternativen Medien, die den Fall überhaupt erst zu einem Politikum gemacht haben, feiern sich – zunächst einmal mit Recht. Vor wenigen Jahren wäre es noch unvorstellbar gewesen, dass die Berichterstattung alternativer Medien direkt die Politik beeinflusst. Was auch immer Apollo, NiUS oder die Junge Freiheit über Frauke Brosius-Gersdorf zu berichten gehabt hätten – es wäre schlicht ignoriert worden. Dass dies nun anders ist, ist ein Erfolg.
Gleichzeitig lässt sich nicht bestreiten, dass die Union mit dem Fokus auf die Dissertation von Frau (noch) Prof. Dr. Brosius-Gersdorf die ganze Auseinandersetzung deutlich entschärft hat. Was begann als Grundsatzfrage darüber, ob die 16-Prozent-Partei SPD das Recht haben kann, ihre ideologische Linie über einen veralteten Schlüssel zur Verteilung der Richterstellen beim Bundesverfassungsgericht durchzusetzen, endete als Textvergleichsübung.
Es endete vor allem als Frage der persönlichen akademischen Integrität von Brosius-Gersdorf. Nicht mehr als Frage nach ihrer politischen Voreingenommenheit und der Voreingenommenheit aller vergleichbaren Kandidaten.
Die Union wird nun ihren Rückzug als Triumph der eigenen Standhaftigkeit feiern, während die SPD, sollte sie noch ein Fünkchen Verstand haben, einen neuen Kandidaten aufstellen wird – inhaltlich ähnlich, aber mit einer sauberen Doktorarbeit.
Hätte die Bundesrepublik die nötige Ehrlichkeit und eine Prise Humor, dann würde sie Frauke Brosius-Gersdorf zwar die akademischen Titel entziehen – ihr aber dafür einen dieser antifaschistischen Schutz-unserer-Demokratie-Preise verleihen. Denn über ihr Opfer wird nun die prinzipielle Akzeptanz solcher Besetzungen normalisiert werden.
Dennoch: Die Affäre Brosius-Gersdorf war eine Machtdemonstration der alternativen Medien. Eine erfreuliche Machtdemonstration – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
