Nachdem im Dezember 2024 das Assad Regime gestürzt wurde, machte sich Hoffnung breit. Sowohl die in Deutschland lebenden Syrer als auch gutgläubige Konservative erhofften sich dadurch eine stabilere Lage in Syrien. Die Annahme war einfach: Fällt Assad, entfällt auch der Fluchtgrund. Doch wer geglaubt hat, damit sei das Thema „Rückführung“ plötzlich wieder greifbar, wurde bitter enttäuscht.

(Airbus A380: Julian Herzog, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons)
Denn obwohl sich das politische Blatt in Syrien gewendet hat, sind laut ARD-Politikmagazin Panorama gerade einmal rund 4.000 Syrer seit dem Regimewechsel in ihre Heimat zurückgekehrt, also weniger als 0,05 % der hier lebenden Syrer. Und selbst bei diesen wenigen ist nicht sicher, ob Syrien überhaupt das Ziel war. Die geringe Zahl der Rückkehrer hat vor allem drei Gründe
1. Persönliche Anreize sprechen gegen eine Rückkehr
Die Vorstellung, dass Geflüchtete automatisch in ihre Heimat zurückkehren, sobald der Krieg endet, ist naiv. Die persönlichen Gründe für oder gegen ein Verbleib in Deutschland sind zu vielfältig, als dass hier allgemein gesprochen werden kann. Viele Syrer haben sich hier ein Leben aufgebaut, manche Arbeit gefunden, andere wälzen sich in der Hängematte des Sozialstaats, ihre Kinder gehen auf deutsche Schulen. Der Syrer den die ARD kürzlich in einer Reportage zeigte, der aufgrund von Heimatbezogenheit sein Land wieder aufbauen will, bleibt die Ausnahme.
Laut einer Umfrage vom Bundesinstitut für Arbeitsmarktforschung wollen zwei Drittel der Syrer dauerhaft bleiben. Die übrigen sind unsicher oder sehen ihre Zukunft nur teilweise in Syrien. Für viele Deutsch-Syrer, die hier geboren wurden oder aufgewachsen sind, ist Deutschland längst das gewohnte Umfeld mit materiellem Wohlstand und einer vertrauten „Community“. Warum also sollten sie gehen?
2. Die Maßstabfrage: Sicheres Herkunftsland?
Wer Asyl an den Zustand des Herkunftslandes koppelt, muss sich fragen: Nach welchen Maßstäben? Nach westlich-liberalen Menschenrechtskriterien wird Syrien wohl noch Jahrzehnte lang als „prekär“ gelten. Das Auswärtige Amt jedenfalls sieht trotz Regimewechsel keine grundlegende Verbesserung der Sicherheitslage. Im Grunde genommen verständlich. Dieser Maßstab führt aber ein auf Zeit gewährter Asylschutz ad absurdum. Hier muss also zwingend eine Entkoppelung stattfinden.
3. Fehlender politischer Wille
Rückführungen funktionieren logistisch und juristisch, sobald sie politisch gewollt sind. Immer wenn der Druck aus der Gesellschaft ansteigt, reicht der politische Wille für ein paar öffentlichkeitswirksam inszenierte Abschiebeflüge aus, danach verpufft er wieder sang und klanglos. Der langfristige Wille fehlt nach wie vor, da die Scheu einer Schmutzkampagne seitens der Medien zu groß und der Opportunismus und Mutlosigkeit noch zu gut im System belohnt werden.
Selbst in konservativ geführten Bundesländern scheitert der Wille ja schon daran, kriminelle Ausländer abzuschieben. Die Sensibilität der Gesellschaft, der linksliberale Mediendruck und eine politische Kultur Mutlosigkeit verhindern nach wie vor hartnäckig diesen Willen in unserem Sinne.
Warum Konservative immer wieder verlieren
Langsam verkommt der Spruch zur Phase, macht ihn aber nicht weniger wahr. Ein Blick auf die CDU oder andere konservative Stimmen zeigt: Sie rennen Gesetzesauslegungen hinterher, statt selbst Maßstäbe zu setzen. Die Hoffnung, dass ein Regimewechsel in Syrien automatisch eine rechtliche Grundlage für Rückführungen schafft, entpuppt sich als politische Nebelkerze. Der Rechtsstaat schafft keine Abhilfe, solange nicht gleichzeitig die politische Deutungsmacht kontrolliert wird. Die Verwunderung und Lernresistenz von Konservativen über die lähmende Wirkung des Rechtsstaats verwundert immer wieder aufs Neue.
In Wahrheit erleben wir ein System, das sich selbst das Bein stellt. Das Recht ist nicht neutral, sondern abhängig vom politischen Willen. Der politische Preis für Abschiebungen scheint zu hoch, das Risiko für „unschöne Bilder“ zu groß.
Der „ewige Strohmann“ als moralischer Schutzschild
Wer dennoch konsequente Rückführungen fordert, so wie einige aus der AfD, sieht sich schnell dem Nazi-Vergleich ausgesetzt. Das Argument: Wer Rückkehr fordert, will Deportation zwecks „ethnischer Reinheit“. Eine absurde Unterstellung, aber wirksam. Denn sie trifft viele Konservative ins Mark. Statt dagegenzuhalten, gehen sie in Deckung, wollen doch auch zu den Guten und Anständigen gehören. Eine Verteidigungshaltung, die nicht nur schwach wirkt, sondern auch dem politischen Gegner das Spielfeld überlässt.
Rückkehr bleibt Illusion, ohne radikales Umdenken
Dass nur 4.000 Syrer zurückgekehrt sind, ist keine Überraschung. Es ist die logische Konsequenz aus persönlichen Interessen, rechtlicher Interpretation und fehlendem politischem Willen. Die Lage in Syrien mag sich verändert haben, aber der deutsche Umgang mit Migration nicht.
Je länger eine echte Wende auf sich warten lässt, desto unbequemer werden die notwendigen Maßnahmen sein. Doch da müssen wir wohl oder übel durch.
