Paul Strieder erklärt den Zusammenhang zwischen Nationalstaat und Auflösung des ethnischen Volkes. Doch seine Skizze eines Post-Nationalstaates, der dem Volk überantwortet, was des Volkes ist, lässt viele Fragen offen. Ein Kommentar von Gerhard Vierfuß

Die Rechte bestimmt sich dadurch, dass es ihr um das Volk geht – um die Bewahrung des ethnischen Volkes. Hierüber besteht allgemeine Einigkeit. Bis vor wenigen Jahren bestand auch Einigkeit darüber, wie sie dabei vorzugehen habe: durch Stärkung des deutschen Nationalstaates, Beharren auf seiner ethnisch-kulturell deutschen Prägung und durch Remigration. Diesen Konsens hat Maximilian Krah vor etwas mehr als einem Jahr aufgekündigt. Dabei bezog er sich vor allem auf die Analysen des Sozialwissenschaftlers Paul Strieder zur Konservativen Revolution.
Vor kurzem hat Strieder eine umfangreiche Ausarbeitung vorgelegt, in der er seine Kritik am Konzept der Remigration und an der „ethnonationalistischen“ Rechten erläutert und sein Gegenmodell vorstellt. Der Aufsatz ist in drei langen Teilen bei Substack erschienen und fordert vom Leser eine Anstrengung, die nur wenige aufzubringen bereit sind: Eine öffentliche Diskussion ist bis jetzt ausgeblieben. Das ist bedauerlich, da der Text wichtige Hinweise zum historischen Verständnis der aktuellen Krise und bedenkenswerte Anregungen zu möglichen Lösungswegen gibt.
Im Folgenden sollen zunächst die Kernthesen und -argumente Strieders gegen das Konzept der Remigration – verstanden als weitgehende Rückgängigmachung der Masseneinwanderung der letzten Jahrzehnte unter Einschluss nichtassimilierter Eingebürgerter (es geht nicht lediglich um liberalen Gesetzesvollzug durch Abschiebungen ausreisepflichtiger Ausländer) – kurz zusammengefasst und sein Gegenmodell eines gegliederten Staates skizziert werden; anschließend wird beides einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Am Ende wird der Versuch einer Fruchtbarmachung auf höherer Ebene stehen.
Was ist Remigration? Und für wen?
Strieders Kritik an der Remigration erfolgt zweistufig. Auf der Oberflächenebene kritisiert er die Unklarheit des Begriffs, die unvermeidbar mit dessen Entwicklung zu einem „Mythos“ verbunden sei, den jede im weitesten Sinn nationalistische Gruppierung sich zu eigen machen und nach ihren Wünschen ausfüllen könne. Die AfD verbinde mit „Remigration“ etwas völlig anderes als Martin Sellner, und Donald Trump wiederum etwas anderes. Ein solcher Begriff entziehe sich einer definitorischen Fixierung, und daher bleibe seine Vagheit unberührt davon, wie Sellner ihn in seinem Buch Remigration. Ein Vorschlag eingeführt habe.
Eng damit verbunden sei ein Ausweichen der Vertreter dieses Konzepts vor der Beantwortung der entscheidenden Frage: Was soll geschehen, wenn die Remigration in der Weise, wie sie von Sellner vorgeschlagen wird – also unter Wahrung der staatsbürgerlichen Gleichheitsrechte der fremdethnischen deutschen Staatsbürger – nicht zum erhofften Ergebnis führt, wenn also das Prinzip der Freiwilligkeit nicht funktioniert? Wird dann die multiethnische Realität akzeptiert werden, oder wird es zu einer Verschärfung der Maßnahmen kommen?
Diese Problematik werde noch entscheidend gesteigert durch die Begründung, die für die Notwendigkeit der Remigration gegeben werde: Es gehe nach Auskunft der Vertreter dieses Konzepts darum, die für die Funktionalität des Rechtsstaates erforderliche relative ethnische Homogenität des Staatsvolkes wiederherzustellen. Sie erzeugten damit politischen Handlungsdruck und stellten die Rechte im Fall ihres (nach Auffassung Strieders wahrscheinlichen) Scheiterns – der ja nach ihrer eigenen Deutung das Ende des Rechtsstaates markiere – vor die Alternative Bürgerkrieg oder Sammlung in den „gallischen Dörfern“.
Nationalstaat: Die paradoxe Integrationsagentur
Die Hauptargumentation Strieders erfolgt auf einer tieferen Ebene: Sie richtet sich grundsätzlich gegen das Konzept des Nationalstaats. Ausführlich legt er dar, dass und inwiefern der Nationalstaat ein Resultat der französischen Revolution und folglich des Liberalismus sei, da er den spezifisch liberalen Begriff des Individuums und den Gleichheitsgedanken voraussetze. Die Ethnonationalisten verständen das nicht: Zwar kritisierten sie gern und laut den Liberalismus, übersähen dabei aber stets, dass ihr Lieblingskonzept, der Nationalstaat, ein durch und durch liberales Projekt sei.
Der Nationalstaat sei dadurch gekennzeichnet, dass er die nationale Staatsvolkszugehörigkeit als primäre Identifikationsebene gegenüber derjenigen der Zugehörigkeit zum ethnischen Volk durchsetze. Je mehr dabei die innerhalb des Letzteren bestehenden natürlichen Gliederungsebenen nivelliert würden, desto schärfer trete das Individuum hervor, das unteilbar sei, weil es unmittelbar zum Nationalstaat stehend in erster Linie Mensch und Staatsbürger, Inhaber von Menschen- und staatlich gewährten Grundrechten sei.
Mit diesem Zurücktreten der ethnischen gegenüber der Staatsbürgeridentität werde nicht nur das ethnische Bewusstsein der Staatsvolksangehörigen, letztendlich das ethnische Volk selbst geschwächt, sondern damit einhergehend werde für den Nationalstaat die ethnische Identität seiner Staatsbürger irrelevant. Diese würden für ihn zu abstrakten Rechtspersonen und somit austauschbar. Damit sei die Grundlage für die nach Gesichtspunkten der Nützlichkeit erfolgende Einbürgerung neuer Staatsbürger aus anderen Ethnien gelegt.
Der Nationalstaat sei insofern eine „paradoxe Integrationsagentur“ (Rolf Peter Sieferle): Er setze eine gegliederte Volkheit voraus und überführe sie in eine politisch homogene Staatsbürgerschaft, um am Ende eine multiethnisierte Gesellschaft herbeizuführen. Wesentlich sei bei diesem Vorgang, dass der Staat selbst aufgrund seiner inneren Paradoxie Treiber seiner ethnischen Selbstauflösung sei und daher auch den evolutionären Rückweg der Wiederverkopplung des Staatsvolks an das ethnische Volk rechtsstaatlich versperre.
Der Versuch der Ethnonationalisten, das Nationalstaatsparadoxon durch Entliberalisierung der nationalen Grundlagen der Demokratie aufzuheben, scheitere daran, dass der Staat dadurch gegen sich selbst gerichtet werde und dies, weil er sein Rechtsmonopol angegriffen sehe, bei ihm Abwehrreaktionen auslöse. Die Verschärfung des staatlichen Vorgehens gegen die Opposition zeige das bereits. Indem diese darauf wiederum nur durch Radikalisierung reagieren könne, entstehe ein selbstverstärkender Konflikt – mit dem Staat als überlegener Partei.
Strieders Gegenmodell: Der Post-Nationalstaat
Auf der Grundlage der bis hierhin von ihm ausgearbeiteten Thesen – 1. Der Nationalstaat hat prinzipiell die Tendenz, das ihm zugrundeliegende ethnische Volk aufzulösen; 2. Die eingetretene Multiethnizität Deutschlands ist irreversibel und daher als Bedingung jeder deutschen Politik zu akzeptieren – entwickelt Strieder dann sein Konzept eines Post-Nationalstaates. Dieser ist gekennzeichnet durch eine weitgehende Trennung von Staat und Gesellschaft: Der Staat nimmt seine Überdehnung zurück, beschränkt sich auf seine Kernaufgaben. Dafür gewinnen nichtstaatliche Gruppen an Stärke – insbesondere ethnische Gruppen.
Sinn der so gedachten Ordnung ist „die Rettung des Volkes nicht durch den Staat, sondern vor dem Staat“. Gemeint ist damit die Setzung von Rahmenbedingungen, die dem Volk unabhängig vom Staat, der nicht mehr sein Staat ist, einen Regenerationsprozess ermöglichen. Dabei gehe es nicht um einen Rückzug ins Private, sondern um „die Wiederobjektivierung von ethnischer Gruppenzugehörigkeit als Ordnungsfaktor und -gegenstand der Staatspolitik“. Der Post-Nationalstaat sei „der aus der Gesellschaft zurückgenommene Staat, der sich auf das konzentriert, was ,des Staates ist‘ und dem Volk überantwortet, ,was des Volkes ist‘“.
Die Rolle des deutschen Volkes in diesem „organischen Staat“ sieht Strieder als eine zweifache: Zum einen werde es eine ethnische Gruppe neben anderen ethnischen Gruppen sein, die in relativer Selbständigkeit nebeneinander leben. Zum anderen aber werde es das Kernvolk des Staates sein, das sich selbst in Differenz zum Staat denken und diesen übernational lenken könne, wie es dem deutschen „reichischen“ politischen Ordnungsdenken traditionell entspreche und woraus sich Deutschlands Rolle als Völkervermittler und Kernland eines europäischen Großraums begründet habe.
Alles dies führt Strieder vor dem Hintergrund einer Darstellung der Geschichte des deutschen Nationalstaats und der vielfältigen Metamorphosen der deutschen Rechten in den letzten 250 Jahren aus. Diese habe sich von ihren konservativen Ursprüngen immer weiter entfernt und im 20. Jahrhundert mit der Idee des antiliberalen Nationalstaats einen historischen Irrweg beschritten, mit dem sie gescheitert sei. Jetzt stehe sie in der Gefahr, den damaligen Fehler zu wiederholen. Doch ein nochmaliges Scheitern werde das Ende des deutschen Volkes bedeuten. Daher sei das Gebot der Stunde ein Neuer Konservatismus, der für einen postnationalen Staat eintrete.
Rechtsstaat hat die Grenze jeder Remigration markiert
Kommen wir zum kritischen Teil. Zunächst: Vor dem Verständnis seines Textes hat Strieder hohe Hürden aufgebaut: Sein essayistischer Stil mit Andeutungen, Metaphern und rhetorischen Figuren lässt vieles im Unklaren; komplizierte Satzgefüge und mehrdeutige grammatische Bezüge erschweren das Verständnis; der Sinn mancher Absätze bleibt auch nach mehrmaligem Lesen verborgen. Dennoch und trotz der im Folgenden auszuführenden inhaltlichen Kritik lohnt die Anstrengung – nicht für die Menge, wohl aber für die Wenigen, die unsere zukünftige Elite bilden werden.
Zuzustimmen ist Strieders Kritik an der Art der Verbreitung des Begriffs Remigration. Wer es zulässt, dass bei der Kampagne für ein derartiges Konzept zugleich die Forderung nach umfassender Berichtigung der Migrationspolitik der letzten Jahrzehnte erhoben und die Gleichsetzung von Remigration mit Abschiebungen vorgenommen wird, der braucht sich nicht zu wundern, wenn politische Gegner Zweifel gegenüber Beteuerungen äußern, dies alles werde streng rechtsstaatlich geschehen. Wohlmeinende Mahnungen aus dem eigenen Lager blieben ungehört.
Mit der Correctiv-Berichterstattung und den folgenden Massendemonstrationen fiel das Kind namens „Remigration“ dann in einen tiefen Brunnen. Doch es konnte geborgen werden: Anfang 2024 veröffentlichte Martin Sellner sein oben erwähntes Buch, in dem er nicht nur behauptete, sondern präzise erläuterte, dass und wie er bei seinem Vorschlag zur Remigration den Grundsatz der Rechtsgleichheit aller Staatsbürger respektiere. Und spätestens seit dem Compact-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und der daran anknüpfenden intensiven Diskussion ist vollständig klar, dass der Rechtsstaat die Grenze jeder Remigration markiert.
Und dies in zweifacher Weise, materiell und formell. Denn nicht nur entspricht das von Sellner vorgelegte Konzept dem in rechter, d.h. richtiger Weise ausgelegten Grundgesetz. Sellner hat darüber hinaus inzwischen mehrfach erklärt, dass er auch eine fehlerhafte, gleichwohl aber verbindliche Interpretation der zuständigen deutschen Gerichte respektieren werde. Diese Festlegung muss jetzt im innerrechten Diskurs durchgesetzt werden. Entscheidend wird insoweit die immer noch ausstehende schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts zur Aufhebung des Compact-Verbots sein.
Wie diese auch ausfallen wird, es wird unter den genannten Voraussetzungen nicht zu der von Strieder befürchteten Situation kommen, dass vom Staat als bedrohlich empfundene Forderungen zu verstärkter Repression, diese zu weiterem Widerstand und beides schließlich in eine Konfliktspirale führen könnte, die jede Aussicht auf Besserung für das deutsche Volk verbaue. Damit fällt die Begründung Strieders für seine Darstellung, das Konzept zur Remigration und das eines Post-Nationalstaates ständen bereits jetzt in striktester Konkurrenz zueinander. Vielmehr können sie sukzessive verfolgt werden.
Post-Nationalstaat Europa
Sehr überzeugend sind die Ausführungen Strieders zum Nationalstaat. Ihm gelingt hier die Erklärung und Begründung dessen, was zuletzt immer nur Behauptung war: die fundamentale Problematik des modernen Nationalstaates aus der Perspektive des ihn tragenden ethnischen Volkes. Dies ist ein ganz wesentlicher Faktor für die Zukunft des deutschen Volkes, und es ist ein Verdienst Strieders, ihn zurück ins Bewusstsein gerückt zu haben. Die weitere innerrechte Debatte wird diese Analyse Sieferles und Strieders nicht unberücksichtigt lassen können.
Allerdings trägt, wie bereits bei seiner direkten Kritik der Remigration, auch hier das Argument nicht so weit, wie Strieder selbst annimmt. Es ist unbestreitbar, dass der moderne, liberale Nationalstaat die Tendenz hat, die Ethnie zugunsten des Staatsvolkes aufzulösen – aber dieser Prozess verläuft nicht mit Notwendigkeit, sondern kann von gegenläufigen Faktoren zumindest teilweise kompensiert werden, wie die Beispiele Ungarns, Japans und Israels zeigen. Auch Strieder hat dies in mehreren Äußerungen auf X eingeräumt.
Darin betonte er jedoch zugleich, es bestehe ein wesentlicher Unterschied zwischen der Verhinderung einer Entethnisierung und deren Umkehrung, also der Wiederherstellung einer relativen ethnischen Homogenität des Staatsvolkes durch Remigration. Während die Erstere innerhalb eines Nationalstaates und gegen dessen eigentliche Tendenz grundsätzlich möglich sei, stehe der Versuch einer Umkehrung in diametralem Gegensatz zum Prinzip des liberalen Staates und könne – wie oben dargestellt – daher nicht zum Ziel führen.
Der hierfür genannte Grund – der Staat versperre den Rückweg der Wiederanbindung des Staatsvolks an das ethnische Volk rechtsstaatlich – betrifft jedoch ausschließlich Vorgehensweisen, die im Widerspruch zum Rechtsstaat stehen. Wenn es Wege gibt, Staatsbürger fremder ethnischer Zugehörigkeit zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer zu bewegen, ohne ihre rechtliche Gleichheit als deutsche Staatsbürger zu beeinträchtigen, hebeln diese das Argument Strieders aus. Martin Sellner hat solche Wege aufgezeigt. Deren Möglichkeit wird von Strieder nicht widerlegt.
Halten wir fest: Remigration im rechtsstaatlichen Rahmen bleibt trotz der teilweise wichtigen und zutreffenden Einwände Strieders möglich. Ist sie aber vielleicht dem von Strieder vorgelegten Alternativkonzept unterlegen? Sollten wir, um das ethnisch deutsche Volk zu schützen, möglichst schnell Abstand vom Nationalstaat nehmen und auf eine Trennung von Staat und Gesellschaft hinarbeiten, um so die ethnische Identität der Deutschen zu stärken? Gehört dem Post-Nationalstaat, geformt nach dem Bilde des Alten Reiches, die deutsche Zukunft?
Überlegen wir zunächst, was dies konkret bedeuten würde. Strieder deutet es nur an, aber aus seinen Ausführungen ergibt sich klar: Mit einem Zurückführen des Staates, einer Libertarisierung der Gesellschaft, wie Maximilian Krah sie zuletzt mehrfach vorgeschlagen hat, ist es nicht getan. Wenn das Ziel die Stärkung des ethnischen Volkes ist; wenn Funktionen, die bis jetzt vom Staat ausgeübt werden, an die ethnischen Gemeinschaften übertragen werden sollen; wenn also ethnische Selbstverwaltung angestrebt wird, dann geht das nur mit einer Verfassungsänderung.
Bundestag und Bundesrat müssten also jeweils mit Zweidrittelmehrheit beschließen, den in Deutschland siedelnden Ethnien besondere Kompetenzen einzuräumen: für kulturelle Selbstverwaltung, für soziale Systeme, für das Schulwesen. Welche Mehrheit sollte dies befürworten? Welche Mehrheit allein in der liberalkonservativen Oppositionspartei sollte dafür eintreten? Und welche Politologen, Volkswirtschaftler, Kulturwissenschaftler haben wir, die diese Entflechtung und Neuorganisation bewerkstelligen könnten?
Hinzu kommen weitere Fragen: Welche Völker sollen vom Post-Nationalstaat anerkannt und mit Rechten ausgestattet werden – welche also sind hinreichend homogen und fähig, sich selbst zu verwalten? Ich kann mir das, neben dem deutschen Volk und der türkischen Gemeinschaft, allenfalls für die bereits jetzt anerkannten Minderheiten vorstellen (Dänen, Friesen, Sorben, Zigeuner). Aber die Hauptproblemgruppen sind ja sehr viel weiter entfernt beheimatete Gruppen, die inzwischen ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten: Araber, Afghanen, Afrikaner. Wie sollten sie in das Konzept eingebunden werden?
Das Konzept des Post-Nationalstaates ist wichtig, und die Rechte sollte weiter darüber nachdenken. Aber es ist ein Konzept für eine ferne Zukunft. Es ist viel weiter entfernt von der politischen – und juristischen – Realität des Jahres 2025 als alles, was die Neue Rechte bisher gefordert hat, insbesondere viel weiter als das Konzept der Remigration. Und die libertäre Schrumpfversion, die von Krah vertreten wird, ist zwar leichter durchsetzbar, aber aufgrund des Fehlens rechtlicher Grundlagen für ethnische Selbstverwaltung vollständig untauglich zur Erreichung ihrer Ziele.
Für den derzeitigen Streit im rechten Lager bedeutet das: Es gibt keine Alternative zur Remigration. Aber es gibt auch keine Alternative zum Rechtsstaat und zur Anerkennung höchstrichterlicher Urteile. Remigration wird daher nur in dem Umfang möglich sein, in dem das Bundesverwaltungsgericht sie in seinem bevorstehenden schriftlichen Urteil zur Aufhebung des Compact-Verbots zulassen wird. In diesem Umfang muss sie dann aber auch konsequent gefordert werden, nicht nur von der außerparlamentarischen sondern auch von der parlamentarischen Opposition.
Das Modell Strieders kann also zur Lösung der aktuellen deutschen Probleme keinen Beitrag leisten. Es kann aber einen Beitrag leisten zur Lösung der europäischen. Wache politische Geister haben längst erkannt, dass die virulenten Probleme der Gegenwart – Massenmigration, Amerikanismus, Liberalismus – nicht ansatzweise von Deutschland allein bewältigt werden können. Für eine Autonomie gegenüber den Vereinigten Staaten braucht es eine multipolare Welt; in einer multipolaren Welt können die europäischen Völker nur bestehen, wenn sie sich zusammenschließen.
Dabei ist klar, dass die EU kein zukunftsfähiges Modell darstellt. Aber auch die Vorstellung eines „Europa der Vaterländer“ – also der Nationalstaaten – gibt keine wirkliche Perspektive, denn damit bliebe die Vielstimmigkeit der europäischen Politik bestehen und Europa weiterhin machtlos. Also liegt die Antwort auf die europäische Frage vielleicht in einer europäischen Republik als organischem Staat mit den europäischen Völkern – nicht: Nationalstaaten – als selbstorganisierten subsidiären Einheiten?
Die Antwort auf diese Frage übersteigt bei Weitem den Rahmen dieser Rezension und soll der öffentlichen Diskussion – durchaus über den Bereich der politischen Rechten hinaus! – überlassen werden. Paul Strieder gebührt das Verdienst, die Debatte um die Zukunft der Rechten, die Zukunft Deutschlands und die Zukunft Europas wesentlich befruchtet zu haben. Diese Debatte muss weitergehen, aber der Streit um Remigration muss jetzt beendet und wieder gemeinsam für unser Volk gearbeitet werden. Es gibt nichts, das wichtiger wäre.
